Patente auf Covid-19-Produkte

Von einer einigermaßen gleichmäßigen Verteilung von Medikamenten und Impfstoffstoffen kann weiterhin nicht die Rede sein. Die Welthandelsorganisation hat sich nach fast zweijährigen Verhandlungen zu einer „Lösung“ durchgerungen. Im Folgenden dokumentieren wir eine Einschätzung der BUKO Pharma-Kampagne.

Rückschritte beim Zugang zu Arzneimitteln und minimale Verbesserungen

Am 17.6.2022 beschloss die Welthandelsorganisation (WTO) Änderungen bei den geistigen Eigentumsrechten lediglich für Covid-19-Impfungen. Sie bringen für den Globalen Süden jedoch nicht die erhofften Erleichterungen. Eine Niederlage für den gerechten Zugang zu Arzneimitteln und ein Sieg für Big Pharma.

Fast zwei Jahre ist es her, dass Indien und Südafrika bei der WTO die befristete Aussetzung geistiger Eigentumsrechte für Covid-19-Produkte vorschlugen (TRIPS Waiver). Das Ziel: Eine möglichst breite und kostengünstige Produktion von Impfstoffen, Medikamenten und Tests in der Pandemie. Der Antrag war auch aus dem Frust des Globalen Südens geboren, dass die Versprechen führender PolitikerInnen aus Industrieländern, Impfstoffe und Medikamente müssten allen Menschen auf der Welt zur Verfügung stehen, sich als leere Phrasen erwiesen. Die reichen Staaten waren weder willens dafür zu sorgen, dass freiwillige Lizenzen für benötigte Produkte zur Eindämmung von Covid-19 in einen Patentpool kommen, noch waren sie zu anderen substanziellen Zugeständnissen bereit. Lediglich Geld für den Kauf von Impfungen wurde über die öffentlich-private Initiative „Covax“ zur Verfügung gestellt,[1] aber das kam viel zu spät und war viel zu wenig – auch weil der Globale Norden den durch Patentschutz künstlich verknappten Impfstoffmarkt bereits leergekauft hatte. Da Covax zu Preisen deutlich über den Herstellungskosten einkauft, tragen zudem Steuermittel direkt zur Erhöhung der Gewinne großer Pharmakonzerne bei.

Hinhaltetaktik

Es dauerte von Oktober 2020 bis Juni 2022, bis sich die WTO überhaupt zu einem Beschluss durchrang. Das hatte mit dem massiven Widerstand einiger reicher Staaten zu tun, darunter die EU – allen voran Deutschland – Großbritannien und die Schweiz. In der WTO wird einstimmig entschieden, das machte den wenigen Ländern, in denen die größten Pharmafirmen sitzen, die Blockade leicht.

In einer Nachtsitzung, die am 17.6.2022 um fünf Uhr morgens endete, wurde dann zwar eine Entscheidung getroffen, sie hat aber nichts mehr mit dem von Südafrika und Indien eingebrachten Entwurf für einen Waiver gemein. Obwohl formell ein Beschluss gefasst wurde, löst dieser die Probleme des ungerechten Zugangs zu Impfungen, Medikamenten und Tests nicht.

Der ganze Prozess war letztlich ein Scheitern mit Ansage. Ein Jahr nach dem Waiver-Vorstoß des globalen Südens brachte die EU im Oktober 2021 einen Gegenvorschlag ein, der sich auf kleinere Korrekturen am bestehenden Regelwerk zu Zwangslizenzen beschränkte, statt eine grundsätzliche Aussetzung von Patenten und anderen Schutzrechten im Zusammenhang mit Covid-19 zu ermöglichen Die Entscheidungen auf der WTO-Ministerialkonferenz orientieren sich nun weitgehend an diesen EU-Vorschlägen, die die Probleme nicht lösen. 223 kritische Gruppen aus aller Welt (darunter auch die Pharma-Kampagne) hatten in den Tagen vor der Entscheidung vor einem faulen Kompromiss gewarnt – lieber kein Waiver als dieser Entwurf.

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