Leben in Gesundheit ist ein Menschenrecht
Mut zu Zwischentönen – Einführung zur zweiten Onlineveranstaltung am 11. März 2021
Rechtliche Verpflichtung Deutschlands
Auch Deutschland hat diesen Menschenrechten im „Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte“ (ICESCR) zugestimmt:
Artikel 11 des UN-Sozialpakts gewährleistet einen angemessenen Lebensstandard sowie den Schutz vor Hunger.
Artikel 12 beschreibt als Ziel das Anstreben eines Höchstmaßes an körperlicher und geistiger Gesundheit.
Soweit zur rechtlichen Verpflichtung seitens der Regierenden. In der Realität wird immer häufiger erst durch die „Tafeln“ und Ähnliches die Ernährung sichergestellt. Zahnersatz, privat zu finanzieren, ist vielen nicht möglich. Den Zugang zur gesundheitlichen Versorgung können sich viele nicht mehr leisten.
Die Gesundheitswirtschaft boomt
Die Gesundheits- und Pflegewirtschaft ist Deutschlands größter Wirtschaftssektor. Die Ressourcen sind also vorhanden. Aber wie steht es um den gesundheitliche Nutzen in der Bevölkerung?
Zunahme chronischer Erkrankungen
Die Regierung beauftragte das Robert-Koch-Institut (RKI), Studien (wie KIGGS, DEGS und GEDA) durchzuführen. Ergebnisse: Die Zahl chronisch kranker Menschen hat weiter zugenommen. Bei Kindern und Jugendlichen spricht man von „new epidemics“. Diese Studienergebnisse sind nur gut für die Gewinnerwartungen in der größten Wirtschaftsbranche Deutschlands…
Belastung der privaten Haushalte
Durch Maßnahmen der „Kostendämpfungen“ im Gesundheitswesen wurden Versorgungsleistungen bei der gesetzlichen Krankenversicherung kontinuierlich ausgegliedert. Im Ergebnis betrifft dies Behandlungen, Medikamente, Heil- und Hilfsmittel. Private Zuzahlungen wurden Gewohnheit. 2018 wurden mit 52,1 Milliarden Euro bereits 13,3 Prozent aller Gesundheitsausgaben durch die privaten Haushalte getragen.
Private Zusatzversicherungen
Wer kann, schließt private Zusatzversicherungen für herausgefallene Leistungen ab. Inzwischen verweisen die gesetzlichen Krankenkassen selbst auf die Privatversicherungen. Angestrebt ist die Kapitalisierung des umlagefinanzierten Krankenkassensystems.
Volkskrankheiten werden Privatsache
Volkskrankheiten wie Bluthochdruck oder Zuckerkrankheit haben einen engen Bezug zur Arbeits- und Lebenssituation. Volkskrankheiten erfordern staatliche Maßnahmen als Daseinsvorsorge. Wirtschaftlicher für die Krankenkassen ist es, diese Volkskrankheiten zur Privatsache zu machen. Damit werden zugleich Schuldzuweisungen vorgenommen und Verantwortlichkeiten komplett Einzelpersonen aufgehalst.
Wer kann sich Gesundheit leisten, vor Erkrankung schützen?
Die Regierenden haben Studien zur Gesundheit beauftragt, kennen die Ergebnisse und lassen weiterhin zu, dass zunehmend Menschen bei uns in Ernährungsnot kommen. Die Corona-Pandemie hat die Hungersnot weiter verschärft und verdeutlicht.
Noch stärker wirken sich jetzt in der Corona-Pandemie die Einkommensunterschiede und die sozialen Ungleichheiten aus. Wer kann sich funktionelle Masken und Test leisten? Wer hat keine Chance, vulnerable Mitglieder seiner Familie zu schützen?
Ärmere Viertel – mehr Corona
Die Auswirkungen der Erkrankung an Corona sind nicht für alle gleich. Wer in einem ärmeren Stadtteil wie Billstedt, Veddel, Wilhelmsburg oder Harburg lebt, ist deutlich vulnerabler.
Wer arm ist, stirbt früher!
Dieser Befund sollte in Deutschland der Vergangenheit angehören. Aber wie sieht es mit der Lebenserwartung aus? Auch auf diese Frage liefert das RKI Zahlen und Ergebnisse. Im „Journal of Health Monitoring“ 2019 heißt es:
„Die Trendanalysen machen deutlich, dass sich die Unterschiede im Verlauf der letzten 25 Jahre nicht wesentlich verringert haben.“
Das RKI fasst in seinem Bericht zusammen: Die Lebenserwartung ist bei Frauen mit niedrigem Einkommen bis zu 8,4 Jahre kürzer, bei Männern mit niedrigem Einkommen sind es sogar bis zu 10,1 Jahre.
2-Klassen-Medizin stoppen!
Und jetzt sollen die Krankenkassenbeiträge wegen der Pandemiekosten wieder steigen. Wenn aber das Bewältigen einer Pandemie eine Anforderung an die Solidargemeinschaft ist, warum sind dann die Privatversicherten und die Beamten von der Belastung gezielt befreit?
Wir fordern als Krankenversicherung eine Bürgerversicherung für alle.
„Corona zeigt: Geld ist bei Bedarf schnell mobilisierbar, die ‚schwarze Null‘ vorerst vom Tisch. Die Krisenmaßnahme dürfen jedoch nicht wieder von der Allgemeinheit in Form von Kürzungen an anderer Stelle bezahlt werden. Die Kosten der ‚Rettungen‘ müssen diejenigen tragen, die mit Vermögen, hohen Einkommen, gestiegenen Börsenkursen und niedrigen Steuern profitiert haben. Wir fordern von der Bundesregierung
• Einmalige Vermögensabgabe für große Millionärsvermögen
• Laufende Reichensteuer auf Millionenvermögen
• Höhere Spitzensteuersätze, Abschaffung der Abgeltungssteuer sowie progressive Kapital- und Erbschaftssteuer
• Unternehmen, die weiterhin Gewinne ausschütten, sind von jeglicher Unterstützung auszuschließen
• Konsequenter Kampf gegen Steuerhinterziehung, -flucht und -vermeidung und Austrocknen von Steueroasen
• Einführung einer Gesamtkonzernsteuer mit globalen Mindeststeuersätzen
• Wirkungsvolle Finanztransaktionssteuer auf spekulative Finanzgeschäfte
• Reduzierung des Verteidigungshaushaltes“
Karl Kneisner, AG Gesundheit Attac Hamburg