Behandlung der Langzeitfolgen aller Viruserkrankungen – nicht nur von Covid-19
Dank Covid-19 sind die Begriffe Infektion, Erkrankung und längere Zeit andauernde Folgeerscheinungen bei einer Viruserkrankung endlich wieder an die Öffentlichkeit gekommen.
Bei einer Infektion interessieren vornehmlich die Verteilung nach Altersgruppen und Geschlecht sowie die Art und die Wege der Verbreitung der Infektion. Bei der Erkrankung an einem Virus liegen stets in einem Spektrum von Funktions- oder Struktureinschränkungen Symptome vor, die von einer Befindlichkeitseinschränkung bis hin zu schwerster Erkrankung reichen können. Wir finden neben den asymptomatischen Infektionen solche Erkrankungen, bei denen eine Fülle verschiedener Symptome auftreten kann. Krankheiten mit diversen Symptomen in verschiedenen Bereichen werden Syndrom genannt.
So weit nichts Neues zu den Zusammenhängen. Und bei der Behandlung einer Virusinfektion mit den Erscheinungsbildern eines Syndroms wie Fieber, Bronchitis, geschwollenen Lymphknoten und Nervenreizungen als Gliederschmerzen wurden früher alle Behandlungsmittel als Krankenkassenleistung übernommen. Immer stärker wurde dieser Syndromzusammenhang von Krankheitssymptomen bei Virusinfektionen bagatellisiert, bis eine günstige Basis für gesundheitsökonomische Maßnahmen vorhanden war: Kostendämpfung durch Kostenverlagerung in die privaten Haushalte.
Je nach Lobbyeinfluss wurden in den Folgejahren die Anteile, die Grenzsätze, die Befreiungsbestimmungen etc. verändert. Aktuell gilt bei rezeptpflichtigen Medikamenten, dass die Patienten*innen folgende Kosten übernehmen:
- „Kostet ein Medikament 10 Euro, zahlt der Patient 5 Euro
- Kostet ein Medikament 75 Euro, zahlt der Patient 7,50 Euro
- Kostet es 400 Euro, zahlt er 10 Euro
- Kostet es 4,75 Euro, zahlt er 4,75 Euro“
Kosten für Medikamente, die nicht rezeptpflichtig sind, müssen komplett von den Patient*innen getragen werden – und die nicht mehr rezeptpflichtigen Medikamente liegen in den Symptombereichen Fieber, Gliederschmerzen, Husten, Rachenentzündung und Schnupfen inklusive Nasenneben- und Stirnhöhlenentzündung.
Auch bei den Krankschreibungen wurden Virusinfektionen „unbeliebt“. Die Arbeitgeber erwarteten zunehmend, dass keine derart begründeten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen abgegeben werden. Und wer hat nicht in seiner Lebensumgebung jemanden, der darüber geklagt hat, dass er nach einer Infektion und Erkrankung so gar nicht wieder auf die Beine hat kommen können!
Virusinfektionen und -erkrankungen der Luftwege wurden zu privaten Problemen gemacht – losgelöst von dem verstärkten Auftreten in bestimmten Jahreszeiten, losgelöst von Virenmutationen, der Schwere der Symptome bei Erkrankung. Und welches Schutzkonzept existiert in der Solidargemeinschaft für derartige Erkrankungen? Außer einer Grippeimpfung gegen ständig mutierende Viren wird für die schutzbedürftigen Risikopatientengruppen nichts angeboten – alles auf eigene Kosten.
„Grippe“ hat den Charakter einer Epidemie, wird aber als privates Problem behandelt. An die Grippetoten nach dem ersten Weltkrieg wird jetzt erinnert, unsere während der Grippeepidemie des letzten Jahres verstorbenen Mitbürger*innen finden keine Beachtung in der Solidargemeinschaft.
Aber in der öffentlichen Bewertung wird jetzt auf einer anderen Tastatur gespielt. Im Kontext der Betonung der Gefährlichkeit von Covid-19 wird häufiger auf mögliche Langzeitfolgen verwiesen. Wir sagen: Endlich wird das Problem, dass bei allen Viruserkrankungen Langzeitfolgen möglich sind, wahrgenommen.
Wir fordern deshalb:
- Anerkennung von Covid-19-Erkrankungserscheinungen als Berufskrankheit bei den Berufsgruppen, die im Behandlungs- oder Betreuungskontakt mit Corona-Patient*innen stehen
- fortlaufende Erforschung des Spektrums der Krankheitserscheinungen bei Corona-Infektion
- Produktion der typischen Medikamente gegen „Erkältungskrankheiten“ in Betrieben der Solidargemeinschaft – keine weiteren Gewinne für die Pharmafirmen
- Übernahme der Kosten für Medikamente und Impfungen bei der Behandlung auch anderer Virenerkrankungen wie „Grippe“ durch die Krankenkassen
- Neuorganisation des Gesundheitsfonds unter Beitragsbeteiligung aller. Den Daten der Gesundheitskosten 2018 lässt sich entnehmen, dass sich die aktuelle Kostenverteilung zwangsläufig auf die Gesundheit der unteren sozioökonomischen Gruppen auswirkt

Quelle: vdek-Basisdaten des Gesundheitswesens 2020, Seite 18