Das Manöver Defender ist keine friedliche und auf Verteidigung gerichtete Aktion
Die USA stehen nicht nur mit der NATO aggressiv an der Grenze zu Russland. Defender ist eine Operation der US-Armee im Rahmen der Operation Atlantic Resolve, die auf Wikipedia wie folgt definiert wird: „Die Operation Atlantic Resolve (OAR) ist eine 2014 begonnene und von den Vereinigten Staaten durchgeführte Operation […]. Sie stellt keine NATO-Operation dar, sondern wird von den USA bilateral im Rahmen der European Reassurance Initiative durchgeführt.“ Sie diene der „Unterstützung und Bestärkung der NATO-Alliierten“, sie dient aber der Ausweitung und Sicherung des Herrschaftsbereichs der USA und dem Kampf um das Öl und Gas Russlands.
Konflikte, besser gesagt, die Inszenierungen der Konflikte sind da. Gegenüber dem Iran geradeso wie gegenüber Russland. Dennoch muss uns diese Aktivität des US-Militärs besonders stutzig machen. Warum wird sie nicht als reine NATO-Aktion bezeichnet? „Bilateral“ sei sie, heißt es bei Wikipedia. In Wirklichkeit wollen die USA ausprobieren, was sie sich gegenüber den europäischen Völkern erlauben können. Schon 2014, zu Beginn der OAR, sagte ein US-General, es komme auf die „Stabilität“ Europas an. Das heißt nichts anderes, als dass die USA ihre Möglichkeiten, Europa als Gefechtsfeld zu nutzen, austesten. Deshalb ist Defender weit von einer friedlichen und auf Verteidigung abstellenden Militäraktion entfernt.
Wir wissen inzwischen, dass alle Kriege der letzten Zeit vor allem der Infrastruktur eines Landes und damit der Zivilbevölkerung großen Schaden zugefügt haben. Diese Bevölkerung floh vor den Aggressoren, ob im Irak oder aktuell in Nordsyrien. Und das wäre auch unser Schicksal, wenn wir ihm nicht rechtzeitig Einhalt geböten. Wir wollen nicht das Schlachtvieh sein. Wir schätzen die Stoßrichtung von Defender so ein, dass es sich auch gegen Europa und nicht nur gegen Russland richtet. Das fordert uns besonders heraus.
Angeblich sei Russland unser aggressiver Gegner. Nichts kann dieses Misstrauen gegenüber Russland begründen. Im Gegenteil: Putin hatte in seiner Rede 2001 vor dem deutschen Bundestag seine Hände zur Versöhnung und zum friedlichen Miteinander ausgebreitet: „Niemand bezweifelt den großen Wert der Beziehungen Europas zu den Vereinigten Staaten. Aber ich bin der Meinung, dass Europa seinen Ruf als mächtiger und selbstständiger Mittelpunkt der Weltpolitik langfristig nur festigen wird, wenn es seine eigenen Möglichkeiten mit den russischen menschlichen, territorialen und Naturressourcen sowie mit den Wirtschafts-, Kultur- und Verteidigungspotenzialen Russlands vereinigen wird.“
Genau das wollen die USA nicht. Nach George Friedman, Politologe des privaten Beratungsinstituts Stratfor, ist es gerade das Hauptanliegen der Politik gegenüber Deutschland, diese Vereinigung zu hintertreiben und an ihre Stelle auf Konfrontation und Spaltung zu setzen: „Das primäre Interesse der USA, wofür wir seit einem Jahrhundert die Kriege führen – Erster und Zweiter Weltkrieg und Kalter Krieg –, waren die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es immer, sicherzustellen, dass das nicht eintritt.“ (Quelle: YouTube)
Allen Behauptungen über die völkerrechtswidrige Besetzung der Krim hat das Votum der dortigen Bevölkerung den Boden entzogen. Im Übrigen hat niemand vergessen, dass die heutige Ukraine durch einen von den USA gestützten Putsch neofaschistischer Kräfte begründet wurde. Vor allem aber soll damit der völkerrechtswidrige Jugoslawienkrieg und die separatistische Herauslösung des Kosovo zu einem neuen Staat vergessen gemacht werden.
Ein Vorschlag für einen Vertrag zur Entspannung und für Frieden in Europa
Der Vorschlag der Linken, den Abzug des US-Militärs aus Deutschland zu fordern, kann ein Einstieg in einen Entspannungsvertrag werden.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, „den Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland nach Punkt 3 der Vereinbarung der Vertragsparteien vom 25.9.1990 sowie das NATO-Truppenstatut nach Artikel XIX zu kündigen und zu erwirken, dass alle ausländischen Truppen innerhalb der Kündigungsfrist die Bundesrepublik Deutschland verlassen“.
Unseres Erachtens muss eine Entspannungsinitiative heute vor allem eine militärische Entspannung zum Ziel haben. Und natürlich geht dieser Vorschlag der Linken nicht weit genug. Was haben wir davon, wenn die USA ihre Truppen zum Beispiel in Polen konzentrieren und nicht in Deutschland? Was haben wir davon, wenn Ramstein auf Sizilien neu erbaut wird? Das erste und wichtigste Ziel eines Entspannungsvertrags wäre der Abzug aller US-Truppen aus Europa, begleitet vom Rückzug der russischen Truppen bis zum Ural, weil die Bevölkerungen in Polen und den baltischen Ländern berechtigte Angst vor der russischen Militärmacht haben. Es geht um eine Art entmilitarisierte Zone.
Europas Völker
sollten zweitens beschließen, dass
a) die Bestimmungen der
Schlussakte der Konferenz von Helsinki (KSZE) vertraglich und nicht
nur als Absichtserklärung für alle europäischen Länder festgelegt
werden:
1. souveräne Gleichheit, Achtung der der
Souveränität innewohnenden Rechte
2. Enthaltung von der
Androhung oder Anwendung von Gewalt
3. Unverletzlichkeit der
Grenzen
4. territoriale Integrität der Staaten
5. friedliche Regelung von Streitfällen
6. Nichteinmischung in innere Angelegenheiten
7. Achtung
der Menschenrechte und Grundfreiheiten, einschließlich der
Gedanken-, Gewissens-, Religions- und Überzeugungsfreiheit
8. Gleichberechtigung und Selbstbestimmungsrecht der Völker
9. Zusammenarbeit zwischen den Staaten
10. Erfüllung
völkerrechtlicher Verpflichtungen nach Treu und Glauben
(Punkt 7 ist kein Teil des Völkerrechts, sollte aber trotzdem bleiben. Damals (1975) interessierten sich die USA nur für diesen Punkt, um die Sowjetunion vorführen zu können. Spätestens nach 1989 interessieren sich die USA für die KSZE und ihre völkerverbindenden Statuten nicht mehr, der Westen hat sie zu einem Wahlbeobachterverein degradiert)
b) die KSZE dahingehend reformiert wird, dass nur Länder Europas, einschließlich Russlands, der KSZE angehören
Das dritte Ziel ist eine Abrüstung mindestens herunter bis zur eindeutigen Landesverteidigung, die von einer reformierten UNO beobachtet und begleitet wird.
Diese drei Kernziele sind untrennbare Vertragsbestandteile eines Vertrags für Frieden und Entspannung in Europa. Wir wollen keine multipolare imperiale Machtverteilung.